Rechte Welle in Lateinamerika
Mit der ZEIT hat Dr. Thomas Kestler über die aktuelle politische Entwicklung in Lateinamerika gesprochen. In
Bolivien, Argentinien, Ecuador, Paraguay und El Salvador haben
konservative oder rechtspopulistische Kräfte die Macht übernommen; in
Chile, Kolumbien und Brasilien wankt die Unterstützung für linke
Amtsinhaber. Damit stellt sich die Frage, was der aktuelle Rechtsruck
für die demokratische Entwicklung in der Region bedeutet.
Eine
pauschale Antwort auf diese Frage gibt es nicht, da die Vertreter des
rechten Spektrums in Lateinamerika differenziert zu betrachten sind. Eine Gemeinsamkeit liegt aber darin, dass sie vor allem mit den Themen Sicherheit, Inflation und Korruption punkten, da viele linke Regierungen es in den Boomjahren versäumt haben, soziale Ungleichheit und Abhängigkeit von Rohstoffen abzubauen. Die aktuelle Wählerstimmung
richtet sich vor allem gegen das politische Establishment: Man wählt das
"kleinere Übel", nicht aus Überzeugung.
Für
die Demokratie ist diese Entwicklung ambivalent: Einige der aktuellen
Rechtsregierungen agieren demokratisch, andere zeigen autoritäre
Tendenzen. Besonders Brasilien ist ein Prüfstein für die Demokratie in
der Region: Nach der Verurteilung von Ex-Präsident Bolsonaro bleibt
offen, ob Präsident Lula da Silva oder seine Nachfolger die
institutionelle Ordnung stabil halten können.
